Meteorologie im Kloster St. Emmeram

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Die Meteorologie entzog sich nach Aristoteles dem Fassbaren und Vorhersagbaren, wie ihre griechische Namenswurzel andeutet „in der Luft schwebend“. Seither wurde die Lehre von Stoffen und Lichtern zwischen Himmel und Erde dem Unerklärlichen und Übernatürlichem zugeordnet. Erst die Aufklärung führte mit dem proklamierten Vernunftsprinzip und der Entmythisierung der Welt eine Wende in der Wetterforschung herbei. Die Meteorologie bot so für naturwissenschaftliche Untersuchungen ausgiebiges Potential, deren Geheimnisse zu entschlüsseln. Die aufklärerischen Ideen wurden auch in den Regensburger Klöstern aufgegriffen und führten zu einer eine Abkehr vom bislang postulierten Aristotelismus in der Lehre. St. Emmeram, Kloster Prüfening und St. Jakob zeigten sich dem neuen Gedankengut aufgeschlossen und wollten sich durch zielstrebige Reformen in modernem Geiste präsentieren.

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Frobenius Forster (1709-1791), der vormals Professor für Philosophie an der Universität Salzburg, später Prior und Bibliothekar in St. Emmeram war, setzte seit seiner Wahl zum Fürstabt 1762 die benediktinische Studienreform anfänglich vorsichtig, später entschieden um. Neben historischen Bestrebungen wie Ordens-und Klostergeschichte legte er wichtige Voraussetzungen für eine naturwissenschaftliche Ausrichtung der klösterlichen Forschungsinteressen. Die Beschäftigung mit Realien und deren Erfassbarkeit trat in den Vordergrund. Er rief einen philosophischen Lehrkursus ins Leben mit eigens bestellten Fachlehrern, darunter Coelestin Steiglehner als Professor für Mathematik und Naturwissenschaften. Um Fortschrittlichkeit auch nach außen zu demonstrieren, erhielt St. Emmeram durch Umbaumaßnahmen eine Wetterstation, eine Sternwarte so wie eine physikalische und naturwissenschaftliche Sammlung. Forster veranlasste gezielte Bücherankäufe in erheblichem Umfang. Das Regensburger Kloster wurde bald zum Zentrum für naturwissenschaftlich Interessierte, auch außerhalb klerikaler Kreise und über Konfessionsgrenzen hinweg. Deshalb bezeichnete Placidus Heinrich Forster als „Schöpfer des goldenen Zeitalters für St. Emmeram“.

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Coelestin Steiglehner (1738-1819) baute neben anderen Mönchen von St. Emmeram an der Universität Ingolstadt als Professor für Mathematik und Experimentalphysik sowie Leiter der Sternwarte eine physikalische Sammlung und Bibliothek auf. Die Emmeramer Wetteraufzeichnungen wurden von Steiglehner 1771 begründet und von ihm weitere sieben Jahre fortgeführt. An seiner früheren Universität Ingolstadt hatte er als erster Vorlesungen über Klima- und Wetterkunde abgehalten, was ihm den Beinamen „Vater der Meteorologie“ einbrachte. Die Münchner Akademie ernannte ihn 1789 zu ihrem Meteorologisten.
Er folgte Forster als Fürstabt 1791 nach und trieb die praktische Ausrichtung der Naturwissenschaften in Emmeram voran. Hatte man sich vorher mit Fragen auseinandergesetzt, ob Glockengeläut Gewitter abwende, das Abfeuern von Kanonenböllern den Hagel vertreibe oder das Anbringen von Blitzableitern das Strafgericht Gottes vorwegnehme, wurde nun durch experimentelle Ansätze und akribische Dokumentation der Forschung ein profaner Sinn und Nutzen unterlegt: die Meteorologie sollte durch eine Vorhersagbarkeit des Wetters vom Menschen Schaden abwenden. Mittel und Methode hierfür waren das Sammeln und Beobachten aller möglicher Erscheinungen und Faktoren, die zähl- und messbar waren. Einerseits sollten so abergläubische Vermutungen und Ängste durch Erkenntnis ihr Ende finden, andererseits wurde das vernunftmäßige Handeln Gottes in der Natur durch Experimentalphysik bewiesen.
Das physikalische Kabinett umfasste zu Beginn des 19. Jahrhunderts schließlich 330 Instrumente, die in vier Räumen untergebracht waren, und eine umfangreiche naturwissenschaftliche Bibliothek.



Universitätsbibliothek Regensburg, 2010